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„Alle Erinnerung ist Gegenwart.“ Novalis
Orchesterkonzert
Matthias Balzat, Cello
Festivalorchester der Höri Musiktage
Harutyun Muradyan, Dirigent
Beethoven: Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“
Haydn: Konzert für Cello und Orchester C-Dur
Strawinsky: Dumbarton Oaks
Prokofjew: Symphonie classique
Im Laufe der Menschheitsgeschichte und der damit verbundenen Entwicklung von Kunst und Kultur gab es immer wieder Künstler, die auf Ideen, Formen und Gestalten vergangener Zeiten zurückgriffen, um sie mit ihren eigenen künstlerischen Konzepten zu verbinden und dadurch etwas Neues zu schaffen. Das wohl bekannteste Beispiel für dieses Phänomen ist die Renaissance, in der sich Malerei, Literatur, Architektur und Musik an antiken Vorbildern orientierten und diese in Form von neuen Kunstwerken kulturell wiederbelebten.
Weniger bekannt, aber nicht minder faszinierend, ist der Neoklassizismus in der Musik, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Komponisten zu Werken inspirierte, die sich an Werke des Spätbarock und der Klassik anlehnten, deren Formen, Strukturen und Satztechniken aufgriffen und diese mit modernen kompositorischen Elementen wie einer erweiterten Tonalität oder einer speziellen Rhythmik verbanden.
In diesem Orchesterkonzert werden Werke der Klassik und des Neoklassizismus einander gegenübergestellt, um ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede zu zeigen, ihre jeweiligen spezifischen Klangsprachen darzustellen und so einen musikalischen Dialog der zwei verwandten Epochen zu ermöglichen. Allen Werken gemeinsam ist ein glanzvoller und eleganter Esprit, der eine feierliche und festliche Stimmung erzeugt.
Ludwig van Beethovens Ballettmusik Die Geschöpfe des Prometheus, komponiert um 1800 für eine Tanzvorstellung im Wiener Hofburgtheater, ist ein typisches Beispiel für Musik der Wiener Klassik. Auch die Verwendung inhaltlicher Vorlagen aus der griechischen Mythologie, in diesem Fall die Erzählung über den Titanen Prometheus, der der Sage nach aus Tonerde und Wasser den Menschen nach dem Ebenbild der Götter formte, ist für die Stilistik der Klassik charakteristisch. Die Ouvertüre der Ballettmusik wurde schon zu Lebzeiten Beethovens häufig separat aufgeführt und hat inzwischen einen festen Platz im Orchesterrepertoire gefunden.
Das Cellokonzert in C-Dur komponierte Joseph Haydn um 1760 für eine Aufführung im Schloss des Fürsten von Esterhazy, in dessen Dienst Haydn über 40 Jahre lang stand. Gespielt wurde es vom höfischen Orchester und dem Solocellisten Joseph Weigl vor einem kleinen adeligen Publikum. Passend zu dieser Atmosphäre mutet die Komposition noch spätbarock an, sowohl was den festlichen und prachtvollen Gestus der Musik als auch die musikalische Form betrifft. Das Cellokonzert galt lange als verschollen und wurde erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt.
Den spätbarocken Stil griff Igor Strawinsky 1937, 1938 in seinem Concerto in Es-Dur für Kammerorchester, Dumbarton Oaks, auf. Er komponierte es im Auftrag eines amerikanischen Kunstmäzens zu dessen Hochzeit auf seinem Landsitz Dumbarton Oaks in Washington D.C.. Das im Jahre 1800 im sogenannten „Federal Style“, einem Architekturstil im amerikanischen Klassizismus, erbaute Landhaus inspirierte Strawinsky zu einer Musik, die sich stilistisch an den Brandenburgischen Konzerten J.S. Bachs orientiert und deren musikalischen Charakter aufgreift. Das Konzert wurde zu einem der erfolgreichsten Werke Strawinskys.
„Wenn Haydn heute noch lebte, dachte ich, würde er seine Art zu schreiben beibehalten und dabei einiges vom Neuen übernehmen. Solch eine Sinfonie wollte ich schreiben – eine Sinfonie im klassischen Stil.“, schrieb Prokofjew in sein Tagebuch. Schon der Beiname Symphonie classique deutet den Bezug seiner ersten Sinfonie zu musikalischen Formen der Klassik an. Das 1916/1917 komponierte Werk erinnert in seiner Klangsprache stark an die Werke der Wiener Klassik und insbesondere an die Musik Joseph Haydns. Die Musik des Neoklassizismus geht den musikalischen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart ein und macht auf diese Weise die Erinnerung zu etwas Gegenwärtigem. Sie ist beispielhaft für das in der menschlichen Kulturgeschichte immer wiederkehrende Phänomen des Verschmelzens von alten und neuen Elementen in der Kunst, das die Menschen seit jeher fasziniert und zu neuer Kreativität beflügelt. Das Festivalorchester lädt sein Publikum dazu ein, die Echos der Vergangenheit zu hören!